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25-Gramm-Regelung
Gut gemeint, aber kontraproduktiv
Ab dem 01. Juli 2022 darf Shisha-Tabak in Deutschland nur noch in Verpackungsgrößen von maximal 25 Gramm verkauft werden – dies sieht eine Neuregelung der Tabaksteuerverordnung vor, die letztes Jahr von der Bundesregierung verabschiedet wurde.
Unsere Position auf einen Blick:
Die kurzfristige Umsetzung der 25-Gramm-Zwangsverpackung zum 1. Juli 2022 widerspricht dem Kulturgut Shisha, der gelebten Jugendkultur und sämtlichen Integrationsbestrebungen des Staates. Sie stellt darüber hinaus die Hersteller von Wasserpfeifentabak vor existenzgefährdende Belastungen, schadet der Umwelt und schafft einen zusätzlichen Anreiz für illegalen Handel. Wir fordern daher, die Mengenbegrenzung von 25 Gramm unverzüglich aufzuheben.
Begründet wird die Neuregelung mit der Absicht, in Shisha-Bars die „weit verbreitete Praxis der portionsweisen Abgabe von Wasserpfeifentabak weitestgehend zu unterbinden und die zulässige Packungsgröße an die übliche Konsummenge pro Wasserpfeife anzupassen“. Das eigentliche Ziel dieser Maßnahme besteht also darin, in Shisha-Bars die Abgabe steuerrechtlich einwandfrei zu gestalten und den illegalen Verkauf von Wasserpfeifentabak zu verhindern. Denn anders als bei Bier oder Kaffee, die ebenfalls den Verbrauchssteuern unterliegen, ist es nicht erlaubt, seinen Gästen eine einzelne Portion abzufüllen und zu servieren.
Während wir als Bundesverband Wasserpfeifentabak e. V. den Kampf gegen illegalen Wasserpfeifentabak ausdrücklich unterstützen, halten wir die Neuregelung nicht für geeignet, den damit beabsichtigten Zweck zu erreichen. Denn die Novellierung geht von durchweg realitätsfernen Annahmen aus – sowohl was die Konsumgewohnheiten der Shisha-Nutzer betrifft als auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen der geplanten Zwangsverpackung.
Neuregelung verkennt Konsumgewohnheiten und verleitet zu Mehrkonsum
So geht der Gesetzgeber fälschlicherweise davon aus, dass die übliche Konsummenge pro Wasserpfeife bei ca. 25 Gramm liegt. Tatsächlich konsumieren Shisha-Nutzer im Durchschnitt nur etwa 15–20 Gramm. Wobei die konsumierten Tabakmengen in der Praxis ganz erheblich variieren – je nach Benutzer, Equipment und Geschmack zwischen 10 und 60 Gramm pro Kopf. Eine einheitliche Verpackungsgröße von 25 Gramm würde dazu führen, dass Shisha-Konsumenten je nach individueller Präferenz mehr Wasserpfeifentabak erwerben, als sie eigentlich konsumieren würden.
Denn ganz egal, ob sie normalerweise 20 Gramm oder 40 Gramm konsumieren – die neuen Verpackungsgrößen „zwingen“ sie gewissermaßen dazu, mehr Shisha-Tabak zu kaufen, als sie eigentlich benötigen. Mit anderen Worten: Durch den Kauf der „ungewollten Restmenge“ wird bei Privatkonsumenten letztlich eine Steigerung des Konsums bewirkt, was nicht zuletzt aus gesundheitspolitischer Sicht problematisch ist. Bei Bars kann diese Restmenge jederzeit leicht für die nächste Shisha weiterverwendet werden. Dadurch wird die Verordnung letztendlich ad absurdum geführt, denn genau diesen Fall will man eigentlich dadurch ausschließen.
Im Übrigen ignoriert die 25-Gramm-Regelung die Tatsache, dass ein Großteil des Shisha-Konsums nicht in Shisha-Lounges, sondern mit schätzungsweise 75 Prozent zu Hause stattfindet. Erfahrungsgemäß kaufen die Verbraucher für ihren häuslichen Konsum selten weniger als 200 Gramm Shisha-Tabak, um diesen – ganz im Sinne der Shisha-Kultur – in geselliger Umgebung zu genießen. Viele Privatpersonen, aber auch Lounges mischen unterschiedliche Geschmacksrichtungen und verfeinern diese mit Melassen und Aromen, um vielfältigste Geschmackserlebnisse zu kreieren und zu genießen.
Anstatt den Schwarzmarkt wirksam einzudämmen, bietet die 25-Gramm-Zwangsverpackung Schmugglern und Fälschern also einen zusätzlichen Anreiz, illegale Billigware für den Konsum zu Hause in den Verkehr zu bringen. Das Problem des illegalen Handels wird damit nicht nur nicht gelöst, sondern deutlich vergrößert.
Umstellung führt zu hohen wirtschaftlichen Belastungen und gefährdet Arbeitsplätze
Für die Umstellung von der aktuell üblichen 200-Gramm-Verpackung auf eine Zwangsverpackung von maximal 25 Gramm benötigen sämtliche Hersteller neue Abfüllanlagen, da sich die Abfüllprozesse grundlegend voneinander unterscheiden: Wurden bislang Kunststoff, Glas, Metall oder Verbundstoffe verwendet, erfordert die geringere neue Abfüllmenge eine Doppelverpackung in Schlauchbeuteln sowie zusätzlich eine Umverpackung in Schachteln. Diese zweistufige Verpackung macht eine Umstellung der Abfüll- und Verpackungsprozesse zwingend erforderlich.
Um eine Branche zeitgleich mit so vielen neuen Maschinen zu versorgen, gibt es kein Angebot. In der Lebensmittelindustrie wird für solche Umstellungsprozesse üblicherweise ein Vorlauf von zwei bis drei Jahren eingeplant – aufgrund der aktuellen Lieferengpässe bei Elektronikkomponenten ist derzeit mit deutlich längeren Vorlaufzeiten zu rechnen.
Die anhaltende Lieferkrise in der Papierindustrie führt außerdem dazu, dass die vorgeschriebenen Umverpackungen nicht in ausreichender Menge produziert werden können. Der zusätzliche Bedarf der Shisha-Industrie verschärft also die angespannte Papiermarktsituation zusätzlich.
Angesichts der anhaltenden Lieferengpässe erscheint es daher für die meisten Unternehmen ausgeschlossen, dass die Umstellung auf die neuen Verpackungsgrößen fristgerecht zum 1. Juli 2022 erfolgen kann. Dies wiederum hätte weitere hohe Umsatzverluste für die Branche zur Folge, da die Ware nicht rechtzeitig in den Verkehr gebracht und steuerrechtlich legal verkauft werden kann. In diese Lücke drängt dann der Schwarzmarkt.
Die Kosten für neue Abfüllmaschinen belaufen sich für alle im Markt vertretenen Hersteller insgesamt auf mehr als 22,5 Millionen Euro. Pro Hersteller liegt der Investitionsaufwand zwischen 600.000 Euro und 1.500.000 Euro je Produktionslinie. Dieser hohe zusätzliche Kostenaufwand ist für viele Hersteller, die durch die stufenweise Anhebung der Tabaksteuer und den dadurch wachsenden Schwarzmarkt ohnehin schon stark belastest sind, unmittelbar existenzgefährdend.
In der Folge werden gerade viele kleinere Hersteller gezwungen sein, ihren Betrieb einzustellen, während der Markt durch wenige große Hersteller beherrscht werden wird. Schlimmer noch: Der Preis für Wasserpfeifentabak wird sich durch die Investitionskosten und die steuerlichen Effekte für Kleinverkaufsverpackungen nahezu verdoppeln. Dies befeuert den Schwarzmarkt in besonderem Maße, denn dadurch wird es deutlich attraktiver, trotz aller gesundheitlichen Risiken auf illegale Tabakprodukte umzusteigen.
So ist davon auszugehen, dass die steuerlichen Einnahmen allein im Jahr 2022 um 160 Millionen Euro geringer ausfallen und der illegale Handel mit Wasserpfeifentabak in absehbarer Zeit ein Niveau von 75 Prozent (gegenwärtig ca. 40–50 Prozent) erreicht – das eigentliche Ziel der 25-Gramm-Regelung würde komplett verfehlt werden. Alleine im ersten Quartal 2022 ist der Bezug von Steuerzeichen im Vergleich zum Vorjahrsdurchschnitt um 80 Prozent zurückgegangen, die Steuerwerte sind um 48,15 Millionen Euro gesunken. (Hier die aktuellen Zahlen lesen)
Zwangsverpackung schadet der Umwelt
Die Begrenzung der Verpackungsgröße auf 25 Gramm ist zudem mit erheblichen und vollkommen unnötigen Belastungen für die Umwelt verbunden, da aufgrund der kleineren Verpackungsgrößen ungleich mehr Verpackungsmüll anfällt. Das Lager- und Transportvolumen steigt um rund 30 Prozent, da sich bei gleichbleibender Produktmenge das Verpackungsvolumen mehr als verdoppelt.
Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der erforderlichen Doppelverpackung und des veränderten Material-Mixes große Mengen an zusätzlichem Plastikmüll produziert werden, die nicht in den Recycling-Kreislauf überführt werden können.
Die Neuregelung steht damit im klaren Widerspruch zu EU-Abfallvorgaben und der verbindlichen Selbstverpflichtung der EU-Mitgliedstaaten, Verpackungsmüll nach Möglichkeit zu vermeiden. Auch in ökologischer Hinsicht wirkt die 25-Gramm-Regelung damit eher problemverstärkend als problemlösend.
Neuregelung nicht im Sinne des Jugendschutzes
Auch aus Sicht des Jugend- und Gesundheitsschutzes stellt die Änderung einen Rückschritt dar – und steht im klaren Widerspruch zur sonstigen steuerlichen Lenkungspolitik: Denn während die Politik einerseits zum 1. Januar 2022 eine Zusatzsteuer auf Wasserpfeifentabak eingeführt hat, um gerade jungen Menschen den Konsum zu erschweren, wird durch die neue Zwangsverpackung die Einzelportion wieder preiswerter – und damit attraktiver gerade für junge Menschen. Mit der Neuregelung unterläuft die Politik somit ihre eigenen Bemühungen, junge Menschen vom Einstieg in den Tabakkonsum abzuhalten.
Unsere Forderung: 25-Gramm-Regelung aussetzen und im Dialog mit der Branche wirksam den Schwarzmarkt bekämpfen
Wie dargelegt, hätte die Mengenbegrenzung beim Verpackungszwang weitreichende wirtschaftliche und ökologische Auswirkungen und würde zudem den illegalen Handel von Shisha-Tabak eher begünstigen als eindämmen. Daher fordern wir die politischen Entscheidungsträger dazu auf,
- die maximale Mengenbegrenzung beim Verpackungszwang unverzüglich aufzuheben, um die aktuelle Marktsituation zu entspannen und dem aufkeimenden Schwarzmarkt Einhalt zu gebieten,
- die Abgabe von Wasserpfeifentabak in der Gastronomie als Einzelportion zu erlauben und gleichzeitig die wirksamen Mechanismen wie Track & Trace und die Bonpflicht zu nutzen,
- den Betrieb einer Shisha-Bar an eine Lizenz zu knüpfen, um sinnvolle Sanktionsinstrumente gegen Steuersünder anwenden zu können,
- in einen offenen und direkten Dialog mit Herstellern und Händlern von Shisha-Tabak einzutreten, um der Branche die Möglichkeit zu geben, die praktischen Voraussetzungen und Bedingungen ihrer Geschäftstätigkeit darzulegen und im Dialog wirksame und umsetzbare Maßnahmen zur Bekämpfung des Schwarzmarkts und für einen verantwortlichen und gesetzeskonformen Handel von Shisha-Tabak zu vereinbaren.